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«Sie wollen unser Kunde werden? Dann strengen Sie sich mal an.»

Fachartikel in Netzwoche von Peter Hogenkamp, Zeix

Bei der Registration ist eine gute Usability besonders kritisch, denn wer sich nicht registrieren kann, kann auch nichts kaufen. Unnötige Hindernisse lassen potenzielle Kunden scheitern oder schrecken sie ab.

Viele Hürden liegen auf dem Weg zum E-Commerce-Kunden: Der Surfer muss die Adresse des Angebots erfahren, sie eingeben, ein wenig herumsurfen, einen konkreten Nutzen für sich ausmachen und sich schliesslich entscheiden, auf einige Minuten Surfspass zu verzichten, um die Registration zu durchlaufen. Sehr ärgerlich, wenn er jetzt noch aussteigen würde.

Doch viele Registrationsmasken sind so kompliziert, dass man sich fragen könnte, ob neue Kunden wirklich erwünscht sind. Es wird offensichtlich, dass der Anbieter sich nie die Mühe gemacht hat, seine Maske zu testen; zusätzlich muss der User befürchten, dass die Bedienung später eher noch komplizierter wird.

Kein Ort, sich zu profilieren

Eine der wichtigsten Usability-Grundregeln klingt banal: Die Benutzer verbringen die meiste Zeit auf anderen Websites, daher möchten sie, dass ein neues Angebot so funktioniert wie die Angebote, die sie schon kennen (Jakob Nielsens «Law of the Internet User Experience»). Doch viele Webdesigner wollen sich partout abheben. Auf den Einwand, eine Designlösung sei unüblich, hört man häufig das Argument: «Natürlich, wir möchten ja auch nicht sein wie alle anderen, die User lernen das dann schon.» In Hinblick auf die Registration wird klar, wie absurd diese Argumentation ist: Weil sie nur einmal durchlaufen wird, ist gar kein Lernprozess ausser einem «siteübergreifenden» möglich, somit ist dies sicher kein Ort, sich mit originellen Innovationen zu profilieren.

In Tests und Interviews wird deutlich, dass bei nahezu jedem Feld Probleme auftreten können, selbst bei einem scheinbar einfachen wie dem Benutzernamen. Viele Internet-Neueinsteiger haben Mühe, sich einen passenden Namen auszusuchen. Die nächste Hürde ist das Passwort. Wer es mit Zahlen-/Buchstaben-/Sonderzeichen-Kombinationen besonders «sicher» machen will, vertreibt in Wirklichkeit seine Kunden. Es folgen Strasse, Postleitzahl, Ort, die Auswahl des Landes, eventuell des Kantons oder Bundeslands in Abhängigkeit vom Land (diese Kombination wird oft mit schwierig zu bedienenden Gestaltungselementen gelöst), Telefonnummern, die strukturiert oder unstrukturiert eingegeben werden können, und so weiter. Fast jedes Feld kann zum unüberwindbaren Hindernis werden, wenn nach dem Absenden der Seite Fehlermeldungen auftauchen, die der User übersieht oder nicht versteht. Oft endet dies in immer hilfloseren und verärgerten Versuchen und letztlich im Abbruch der Registration. Zehn Standardfehler sind nebenstehend aufgelistet.

«Muddling through»

Man könnte meinen, Hilfetexte in der Maske seien die Lösung. Selbst in Tests nimmt sich jedoch nicht einmal der blutigste Anfänger die Zeit, einen Hilfetext zu lesen ? nur was so kurz ist, dass man es «nicht nicht lesen kann», wird wahrgenommen. Dies ändert sich nur wenig, wenn Probleme auftauchen: Der User schaut sich kurz nach Hilfen um, aber sobald er meint, eine ungefähre Ahnung zu haben, probiert er weiter. Es ist, als würde er im realen Leben jemanden nach dem Weg fragen, und sobald die Person ansetzt: «Sie müssen nur dort vorn …», unterbricht er: «Ah, jetzt weiss ich es selbst!» und läuft los, anstatt das Ende des Satzes abzuwarten. Dieser Ansatz des «muddling through» (sich durchwursteln) ist eindeutig die dominante Verhaltensweise im Web, erstaunlicherweise völlig unabhängig vom Wissensstand. Umso mehr ist es unabdingbar, mindestens die Registration so schlicht zu halten, dass möglichst erst gar keine Probleme auftreten.

Zehn Fehler, mit denen Sie Ihre Kunden an der Registration hindern:

1. Registration nicht auffindbar

Viele User verwechseln den Login mit der Registration, auch weil oft der Begriff «Anmeldung» doppeldeutig eingesetzt wird. Kommunizieren Sie klar und einfach: «Neu hier? Hier klicken.»

2. Registration zu früh

Lassen Sie die User zunächst unregistriert Ihr Angebot erkunden. Niemand registriert sich, wenn er nicht sicher ist, auf einer nützlichen Website zu sein.

3. Nutzen der Registration unklar

Sagen Sie nicht «Wir möchten mehr über Sie erfahren», sondern warum Sie die Angaben brauchen, zum Beispiel «Wir benötigen Ihre Adresse, um Ihnen Ihren Freischaltcode zuzustellen.»

4. Überkomplizierte Passwörter

«Bitte geben Sie mindestens acht Zeichen ein, davon mindestens ein Gross-, ein Kleinbuchstabe, ein Sonderzeichen und eine Zahl.» Ob es Unix-Administratoren alter Schule mögen oder nicht: Auf dem Web sind solche Standards kaum durchzusetzen. Der Kunde ist entweder sofort weg, weil ihm kein Passwort einfällt, oder er hat es vergessen, wenn er wiederkommt.

5. Zu lange Hilfetexte

Niemand liest einen fünfzeiligen Hilfetext am Bildrand, wie ein Feld eingegeben werden muss. Schreiben Sie Anweisungen so knapp wie möglich («mindestens 6 Zeichen») links neben das Eingabefeld.

6. Zuviel obligatorisch

Wenn der Kunde sein Geburtsdatum nicht eingeben möchte, zwingen Sie ihn nicht, schon gar nicht mit hanebüchenen Begründungen. («Wir brauchen Ihr Geburtsdatum, um Ihr Horoskop zu erstellen.») Sie bekommen bestenfalls eine falsche Antwort.

7. Kaum erkennbare Fehlermeldungen

Eine Fehlermeldung in roter 8-Punkt-Schrift am oberen Bildrand wird häufig übersehen. Der User realisiert nicht, warum immer wieder dieselbe Maske angezeigt wird und bricht nach einigen Versuchen frustriert ab. Schreiben Sie Fehlermeldungen gross und deutlich und markieren Sie das entsprechende Feld.

8. Zu grosse Neugier

«Dürfen wir Sie noch um ein paar statistische Angaben bitten?» Zähmen Sie Ihre Neugier. Zum Zeitpunkt der Registration hatten Sie noch keine Gelegenheit, den User von Ihrem Angebot zu überzeugen. Fragen Sie besser am Anfang wenig und geben später Incentives zum Anreichern der Daten.

9. Intoleranz bei Eingaben

«Bitte geben Sie Ihre Mobiltelefonnummer im Format +41 xx xxx xx xx ein.» Für Nicht-Informatiker stellt die Umsetzung dieser Anweisung eine nicht unbeträchtliche Hürde dar. Lassen Sie den Kunden seine Nummer eingeben, wie er will, und bitten Sie stattdessen Ihren Programmierer, den Rest intelligent zu erledigen.

10. Unklarheit über den Status der Registration

Entlassen Sie den User am Ende nicht ins Ungewisse, sondern fassen Sie das Ergebnis zusammen: «Willkommen, Daniel Schmid, Ihr neues Konto mit dem Benutzernamen dschmid wurde eingerichtet.»

aus: Netzwoche 29/2001

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