Fachartikel in Netzwoche
Die Zeix AG hat im Auftrag der Netzwoche vier Airline-Websites auf ihre Nutzungsfreundlichkeit getestet. Das Resultat zeigt, dass alle ausgewählten Airlines noch an ihren Sites feilen sollten: Von zehn Testpersonen gelang es nur sechs, tatsächlich das gewünschte Ticket zu kaufen.
Von: Sandra Steiner, Netzwoche und Peter Hogenkamp, Zeix AG
Das Online-Buchen von Flügen hat in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen: Die Anbieter versprechen Bequemlichkeit, Transparenz und günstige Preise. Die Usability-Spezialisten der Zeix AG haben nun im Auftrag der Netzwoche die Internetauftritte von vier für die Schweiz wichtigen Fluggesellschaften auf ihre Benutzerfreundlichkeit getestet. Unter die Lupe genommen wurden die nationale Airline SWISS, die bald zweijährige Schweizer Startup-Airline helvetic (die ganz auf den Absatzkanal Internet setzt) sowie Air Berlin und easyJet, die beide über 90 Prozent ihrer Tickets übers Netz absetzen.
Zehn Testpersonen, alle mit E-Commerce-, aber ohne Flugbuchungs-Erfahrung, sollten Flugpreise vergleichen und Flüge nach London, Alicante, Barcelona oder Palma de Mallorca buchen. Gefragt waren verschiedene Konstellationen, vom spontanen Wochenendtrip bis zu zwei Wochen Urlaub im August, allein oder mit dem dreijährigen Göttibub. Schliesslich sollten die Tester herausfinden, ob sie ihr Gepäck bereits am Vorabend am Bahnhof einchecken können.
Barrieren: Datum, Sprache, Sicherheitscode
Zunächst waren für dieselbe Route die Preise zweier Airlines zu vergleichen. Schon hier zeigten sich grosse Unterschiede: Die schnellste Preisauskunft kam nach nur 2 Minuten, auf die langsamste musste man mehr als 10 Minuten warten. «Von einem ?schnellen Überblick?, den man sich eigentlich vom Internet erhofft, kann also keine Rede sein», fasst Zeix-CEO Peter Hogenkamp die Situation zusammen.
Danach ging es ans Buchen. Die erste Verwunderung der Testpersonen stellte sich schon ein, als zwei Sites (easyJet.ch, helvetic.com) nicht über einen Kalender verfügten, in dem Daten ausgewählt werden können. «Dies ist eine einfache Funktion, die bereits seit Jahren Standard ist», so Hogenkamp. Auch die Preisabklärung für das Göttikind stellte sich als schwieriges Unterfangen heraus: Unter den zahlreichen Varianten stach Air Berlin mit einer rätselhaften Maske heraus, bei der sich die Auswahl «Kind 2 ? 13» völlig willkürlich hinter dem Feld «Anrede» versteckt. Die beiden Testpersonen, die bei Air Berlin mit Kind buchen wollten, sind daran gescheitert und konnten ihre Buchung nicht beenden. Bei easyJet hatten alle grosse Mühe mit dem Sicherheitscode der Kreditkarte, der unten rechts auf der Seite eingegeben werden muss, aber zuoberst auf der Site erklärt wird. Zwei weitere Probanden gaben hier auf.
Bei der in Englisch beginnenden SWISS-Site nutzten die User den Sprachwechsel-Link nicht. In der Folge hatten während des ganzen Tests auch die User, die über gute Englischkenntnisse verfügten, mit Sprachproblemen zu kämpfen. Spanisch kam es den Testpersonen vor, dass die Schweizer helvetic.com alle Preise zunächst in Euro ausweist. Zwar gelang es sechs von zehn Testpersonen letztendlich, ein Ticket zu buchen. Konkret wären den Anbietern jedoch hier immerhin vier Buchungen verloren gegangen. «Angesichts des nicht allzu komplizierten Prozesses ein inakzeptables Resultat», so Hogenkamp. Die grossen Unterschiede zeigten sich auch in der Länge des Buchungsprozesses von 12 Minuten (Air Berlin ? ohne Kind) bis zu 34 Minuten (easyJet).
«Ich würde lieber ins Reisebüro gehen»
Allgemein stellte das Zeix-Team fest, dass die User schnell frustriert waren und rasch den Anbieter wechselten. «Eigentlich wollten alle zum günstigsten Preis buchen. Da jedoch das Vergleichen so mühsam war, wurde manchmal einfach der Flug gewählt, zu dem man einigermassen durchkam und der zugleich bezahlbar schien», erklärt Peter Hogenkamp. Dementsprechend unsicher fühlten sich die Testpersonen am Ende der Buchung: «Im Reisebüro sagt mir die Mitarbeiterin, welcher der billigste Flug ist», fasste eine Frau das Gefühl zusammen.
«Dass die SWISS-Site Schwächen hat, war bekannt. Aber etwa von easy-Jet, für die das Web der wichtigste Verkaufskanal ist, hätte ich inzwischen deutlich mehr erwartet», so Hogenkamp. Einen Gewinner des Usability-Tests sieht er entsprechend nicht: «Die optimale Site würde die Stärken aller vereinen ? das scheint es im Moment nicht zu geben.» Er habe mehrere Male Sätze wie «Jetzt müsste ich anrufen», «Ich würde lieber ins Reisebüro gehen» oder sogar «Jetzt würde ich mit dem Zug fahren!» gehört. «Nachdem die Airlines seit fast zehn Jahren den Onlineverkauf üben, ist das ein enttäuschendes Resultat», zieht Hogenkamp Bilanz.
aus: Netzwoche 21 / 2005 vom 25.05.2005
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