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Software-Ergonomics: Are engineers condemned to design?

Wie viele Teams haben überhaupt einen UI-Spezialisten im Team?

Bin beim Software-Ergonomics-Stamm. Ljiljana Vukelja von der HSR zeigt die Ergebnisse einer Studie unter Designern zum Thema Software-Entwicklern.

Durchgeführt wurde eine Online-Umfrage mit 25 Fragen, davon 13 offen (nicht multiple Choice). Beantwortet werden sollte die Frage jeweils konkret bezogen auf das letzte Projekt, um zu vermeiden, dass die Leute sagen: „Ich weiss schon, eigentlich sollte man…“

Teilgenommen haben 134 Personen, davon waren die meisten Entwickler (39% bezeichnen sich hauptsächlich als Entwickler, für 70% gehört es zu ihren Aktivitäten). Nie ausschliessen kann man den Effekt der Selbstselektion: dass nur die Leute teilnehmen, die irgendwas anders machen als der Rest, was somit das Ergebnis verzerrt.

Wann wird getestet? Am Ende: 20%, parallel zur Entwicklung: 3%, beides: 77%.

Wer testet im Entwicklungsprozess? Fast alle. Wow. (Aha, das bezieht sich gar nicht auf Usability-Tests, sondern auch auf System-Tests und Modul-Tests – Testen aus „unserer“ Usability-Sicht kommt später).

Wer schreibt die Dokumentation? Developer: 53%, Support Dept.: 25%, End User, Kunde oder niemand: 21%.

Wer entwickelt die Benutzerschnittstelle? Nur der Entwickler: 46% (für mich die entscheidende Zahl), Entwickler zusammen mit Interaction Designer, Requirements Engineer, Usability Engineer, Marketing: 35%, nur IE/RE/UE/M: 18%. Die interessanteren Zahlen: Nur jeweils ein Bruchteil zieht User bei (auch die „User-Leute“ IE/RE/UE/M), jeweils deutlich unter einem Drittel.

Wie viele Teams haben überhaupt einen UI-Spezialisten im Team? Nur zwischen 17% und 28%, bei grossen und kleinen Firmen bzw. Teams gleichermassen.

Wieviel wissen die Leute? Nur 7 von 84 haben fortgeschrittene Kenntnisse im Thema (das über einen Online-Fragebogen zu erheben, erscheint mir etwas heikel – ich hab’s auch nicht studiert und auch eher wenige Bücher gelesen).

Wie viele machen Usability-Tests? 37% haben Tests gemacht, aber nur 9% haben danach grössere Änderungen vorgenommen („haben vermutlich alle schon vorher so gute Sachen entwickelt“, flüstert Patrick Steiger – das dachte ich auch gerade). Frage an die 62%, die keine Tests gemacht haben: Hätten Sie Tests nützlich gefunden? 41% Ja. (Ja, ich habe mich heute nur von Sandwiches ernährt, fände es aber auch sinnvoll, mehr Rohkost zu essen.)

Wie stellt sich das Ergebnis insgesamt dar?
Wird professionell entwickelt? Ja.
Wer macht die Schnittstelle? Meist nur die Softwareentwickler allein.
Was wissen diese über die Methoden? Eher wenig.
Haben sie Kontakt zum End User? Wenig.
Werden Tests durchgeführt? Ja, aber mit wenig Nutzen.

Nachdem diese Konklusion ganz positiv klang, fragt Michael Richter nach, ob nicht die 46% der Entwickler, die allein entwickeln, eine Katastrophe sind. Alle sind sich einig: Ja, eigentlich schon – aber wir kennen es doch nicht anders. 🙂

Es gibt noch eine Paneldiskussion mit Andrea (m) Lombardoni (OneOverZero , Agentur, 5 Leute, entwickeln integrierte Web-/Mobil-Lösungen); Reto Nüesch (Mettler Toledo), er vertritt die Firmensicht; Patrick Steiger (Zürcher Kantonalbank), vertritt die Auftraggeber.

Aussagen, zu denen sich nun die Panelisten streiten sollten:

  • Ein gutes UI bildet das Innenleben der Software sinnvoll ab. Am besten entwerfen daher die Software-Entwickler das UI.
    Andrea: Ich habe noch nie jemanden getroffen, der auf Anhieb ein gutes UI machen kann, egal ob Entwickler, Usability-Experte oder was auch immer. Es gibt nur Trial and Error.
    Reto: Es ist eher umgekehrt, die Software sollte das machen, was der Mart fordert.
    Patrick: Mir ist das eigentlich egal, Hauptsache, es geht schnell.
    (Ähm… Hat etwa niemand gemerkt, dass die Aussage eigentlich polemisch gemeint war?)
  • Endbenutzer wissen eh nicht, was sie wollen, wozu sie also fragen?
    Andrea (er findet, es ist „50% richtig“ und erzählt eine lustige Geschichte, wie bei einem sehr komplizierten Evaluationsprozess nur herausgekommen ist, dass im UI die Abkürzung für Mehrwertsteuer falsch geschrieben war – mit der Frage hat das nicht viel zu tun)
    Reto: Wenn man die User fragt: „Was willst Du?“, kriegt man sicher keine Antwort.
    (Hm, jetzt geht’s hier ein bisschen in Richtung „Usability 101“, was mich etwas wundert unter lauter Usability-Professionals. Hier in der Runde kann doch niemand ernsthaft finden, dass man den Benutzer *nicht* fragen – bzw. vor allem beobachten – sollte.)
    Mein Nachbar sagt: Ich hab sehr gute Erfahrungen damit gemacht, den Support zu fragen. Super Idee – machen wir seit dem allerersten Projekt. Wenn ich nicht so in der Mitte sässe, würde ich mich langsam Richtung Ausgang orientieren.
  • Auf Benutzbarkeit muss man nur achten, wenn der Auftraggeber das verlangt (und bezahlt).
    (Die Fragen sind aber auch unter uns gesagt eher für die Lernkontrolle am Ende von Usability-Lektion 1.)
    Patrick: Wenn der Projektleiter sagt, er wolle noch einen Usability-Test, damit wir die Qualität auch hinkriegen, dann spendieren wir ihm halt einen Usability-Test. (Hat er ehrlich genauso gesagt.)
    Reto: Wir sind noch die Nummer 1 in der Welt, aber messtechnisch haben wir Konkurrenten, die durchaus gleichwertig sind – differenzieren können wir uns vor allem bei der Bedienbarkeit.
    Patrick: Bei der ZKB hat unsere interne Verkaufslösung nicht gerade die beste Usability, und unsere Bank gibt es trotzdem immer noch.

Fazit: Die Ergebnisse der Studie waren zum Teil recht interessant. Eine Panel Diskussion war mal einen Versuch wert, hat aber als Format keine grosse Zukunft, fürchte ich. (Das lustigste während der Panel-Diskussion ist eigentlich, dass der acer-Laptop von Ljiljana einen recht kurz eingestellten Screensaver hat. Jedes mal, wenn der anspringt, drückt sie eine Taste (keine Ahnung welche), und PowerPoint springt jeweils von den Slides am Ende zu irgendeiner Stelle in der Präsentation, woraufhin sie n-mal auf „Cursor-rechts“ klickt, bis sie wieder bei der aktuellen Stelle ist. Das Feature würde ich gern mal testen.)

Nächstes Event: 29. November 2007, voraussichtlich mit jemandem von Google.

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Beat von Gunten

30.10.2007 - 11:31

Sorry for the false link. It is correct now.

Andrea Lombardoni

26.10.2007 - 11:40

Hi there.

The link to OneOverZero is incorrect.

The right one is http://www.oneoverzero.net (not .com).

A basic Google search returns the right one:

http://www.google.ch/search?q=lombardoni+oneoverzero