Neben den eigenartigen Schliessfachautomaten, von denen ich bereits berichtet habe, begegnete ich auf meiner Reise nach Deutschland einer weiteren Herausforderung: der Abfalltrennung in deutschen Zügen.
Abfalltrennung bei der Deutschen Bahn
Im Vorraum der deutschen ICE-Züge befinden sich vier Abfallbehälter mit unterschiedlichen Piktogrammen. Das Piktogramm soll die Art des Abfalls beschreiben, der hier entsorgt werden kann. Als Schweizer ist man hier in einem komfortablen Situation – hat man doch von Kindsbeinen an Joghurtdeckel gesammelt und Altpapier gebündelt und ist somit mit dem Konzept der Abfalltrennung wohl vertraut. Ich machte mich also daran, die Bedeutung der verschiedenen Piktogramme zu entschlüsseln, um meinen Abfall korrekt auf die verschiedenen Behälter zu verteilen.
Das erste Symbol ist mit viel gutem Willen als Zeitung erkennbar und hier landet somit das Altpapier. Das zweite Symbol ist eindeutig eine Flasche aber hier kam schon die erste Unsicherheit auf. Soll man hier auch die PET-Flasche einwerfen, oder nur Glas? Ein Kontrollblick auf die anderen Behälter steigere meine Verwirrung nur. Auf dem dritten Symbol ist ein Kerngehäuse abgebildet, zusammen mit etwas Undefinierbarem – einem zerknüllten Papiertaschentuch? Kann man sowas denn überhaupt kompostieren? Und das vierte Symbol zeigt eine Aludose und einen Plastikbecher. Aber der gehört doch bestimmt nicht in die Alusammlung!
Das Problem ist, dass die Deutsche Bahn hier etwas voraussetzt, das ich als Tourist aus dem Ausland nicht haben kann: Produktwissen über das duale System der deutschen Abfalltrennung. Dieses System unterscheidet sich nämlich beträchtlich von unserem. Neben Papier und Glas werden Verpackungen die den sogenannten grünen Punkt tragen, zusammen gesammelt und landen in der „gelben Tonne“. Einen grünen Punkt findet man sowohl auf Joghurtbechern, als auch auf PET-Flaschen oder Aludosen. Kompost wird hingegen nicht gesammelt, sondern kommt zusammen mit dem Papiertaschentuch in den Restmüll. Mit diesem Hintergrundwissen versteht man dann auch den Farbcode, der auf den Piktogrammen verwendet wird und den ich vorerst gar nicht wahrgenommen hatte.
In unserer Beratungspraxis begegnen wir diesen Problemen fast jeden Tag. So sind viele Icons, die in Applikationen oder auf Websites verwendet werden, unserer Erfahrung nach keineswegs selbsterklärend und Farbcodes werden meistens gar nicht wahrgenommen. Ausserdem geht man in vielen Unternehmen davon aus, dass ihre (potentiellen) Kunden die Produktstruktur der Firma kennen und verstehen. In Usability Tests zeigt sich dann aber oft, dass dies nicht der Fall ist.
Ich wusste also nach wie vor nicht, was ich mit meiner PET-Flasche anfangen sollte. Ich entschied mich dann, die Flasche einzupacken und am nächsten Brunnen mit Trinkwasser zu füllen.
Noch 6 Tage bis zum Welt-Usability-Tag mit dem Thema «Transportation». Lesen Sie hier jeden Tag über eine Usability-Hürde oder eine gute Usability-Lösung im Bereich Verkehrs- und Transportwesen.
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