Web-Check-in bei Swiss. Die Sitzplatzauswahl macht – analog der Check-in-Automaten – richtig Spass.
Fliegen ist fast wie Zug fahren
Morgen fliege ich für einen Tag nach Florenz. Etwas dekadent, ich weiss, aber meine Mutter hatte noch einen Gratisflug. Nach ausgiebigen Usability-Tests der Check-in-Automaten am Flughafen Zürich vor zwei Wochen (wir berichten in der nächsten Ausgabe der Netzwoche (Nr. 20) ausführlich darüber) war ich motiviert, mich nun ans Web-Check-in der Swiss zu wagen.
Auf der Homepage von Swiss finde ich sofort den Direktlink zum Web-Check-in und starte die Applikation. Es erstaunt mich, dass diese in einem kleinen Pop-up-Fenster geöffnet wird. Die Inhalte sind unnötig gedrängt – genügend Platz wäre ja vorhanden.
Ich konzentriere mich dann aber auf die Eingabe meiner Daten. Die gut sichtbare Schrittanzeige zeigt mir an, dass ich mich im Schritt 1 von 4 Schritten zum Ziel befinde. Wie ich es von den Check-in-Automaten kenne, muss ich erst meine E-Ticket-Nummer eingeben. Dies fällt mit der Computer-Tastatur ungemein leichter, als über den Touchscreen. Warum ich aber zusätzlich zur Nummer noch Abflughafen, Bestimmungsort und Namen eingeben muss, obwohl dies doch alles mit meiner Buchungsnummer gespeichert ist, verstehe ich nicht.
In einem weiteren Schritt erscheinen mein Name und die Flugdaten des Hin- und Rückflugs. Über einen Button «Zusätzlicher Passagier» kann ich meine Mutter problemlos in den Check-in-Prozess mit aufnehmen. Mühe bereitet mir dann aber das Lesen der ersten Tabelle (Reisender, Sitzplatz, Gepäckaufgabe). Weil das Auge zu wenig durch Lesehilfen unterstützt wird, lese ich die Tabelle erst horizontal anstatt vertikal und frage mich, warum ich bei «Zugewiesener Sitzplatz» Ja oder Nein auswählen kann. Ich merke dann aber, dass sich die Frage auf die Gepäckaufgabe bezieht. Also wähle ich „nein“.
Im Text unterhalb der Schrittanzeige wird mir erklärt, was ich nun machen muss und was mich im nächsten Schritt erwartet. Es ist zwar gut gemeint und auch richtig, dem User zu erklären, wie der Prozess abläuft. Die Glaubwürdigkeit der Schrittanzeige wird jedoch augenblicklich in Frage gestellt, denn im Text steht, dass «später» der Sitzplatz geändert werden kann. Dies wird in der Schrittanzeige aber nicht angezeigt. Wie bei den Check-in-Automaten wird diese tolle Eigenschaft viel zu wenig prominent dargestellt. Meiner Meinung nach ist die Sitzplatzwahl ein wesentlicher Schritt im Check-in-Pozess und hätte einen festen Platz in der Prozessabfolge verdient.
Den Sitzplatz wähle ich dann im Schritt «Bestätigung» unterhalb des Titels «Sie haben erfolgreich eingecheckt». Offensichtlich wurden die Sitze automatisch zugewiesen, ich kann sie nun aber wieder ändern. Die Sitzplatzauswahl macht – analog der Check-in-Automaten – richtig Spass. Ich kann mich mittels Pfeil im Flugzeug vorwärts- und zurückbewegen und sehen, ähnlich wie bei der Online-Kinoreservation, welche Sitze besetzt und welche noch frei sind. Der Sitzplatz meiner Mutter wird ebenfalls angezeigt und ich kann sie neben mich platzieren.
Erst jetzt ist für mich der Check-in-Prozess wirklich abgeschlossen und ich kann im letzten Schritt meine Bordkarte ausdrucken. Vorher muss ich aber noch einen Sicherheitshinweis bestätigen, dass mein Gepäck auch wirklich nie unbeaufsichtigt war und mir niemand etwas zugesteckt hat. Entweder muss ich nun lügen oder den Check-in-Prozess abbrechen, denn ich habe gar noch nicht gepackt! Ich entscheide mich so kurz vor dem Ziel zur Lüge. Und der Belohnungseffekt war gross, als ich die Bordkarte aus dem eigenen Drucker holen konnte!
Ich freue mich schon darauf, Morgen am Flughafen an den Check-in-Schlangen vorbei und direkt auf die Passkontrolle zuzusteuern. So ist Fliegen schon fast wie Zug fahren.
Kommentare
Andi
11.11.2008 - 10:52Ich stosse im Alltag als Flug- und Zugpassagier immer und immer wieder auf Usability-Nullnummern; hier nur zwei Beispiele von vielen:
http://blog.jacomet.ch/?p=1503
http://blog.jacomet.ch/?p=363