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Vier Schritte zur verständlichen Datenvisualisierung

Schreibst du auch gerade an deiner Bachelorarbeit? Oder bereitest Du den nächsten Jahresbericht vor? In beiden Arten von Publikationen kommen oft Datenvisualisierungen zum Einsatz. Sie versprechen, komplexe Informationen schnell und einfach verständlich zu machen und unterhaltsam zu vermitteln. Damit dies gelingt, sind die folgenden 4 Schritte hilfreich.

Einige Darstellungen werfen mehr Fragen auf als sie beantworten oder sie führen Leser:innen in die Irre. Damit das nicht passiert, haben sich für mich vier zentrale Punkte bewährt. 

verschiedene Diagrammtypen in der Übersicht.

1. Die Daten verstehen

Bevor Daten durch Visualisierungen vermittelt werden können, solltest du sowohl die Daten selbst verstehen, als auch den Kontext rund um deine Daten. Dafür lohnt es sich, dir folgende Fragen zu stellen:

  • Wer hat die Daten erhoben?
  • Sind die Daten ausgewogen oder sind beispielsweise nur junge oder nur alte Menschen erfasst worden?
  • Sind alle Daten am selben Ort erfasst worden?
  • Sind die Daten vollständig? Wie kennzeichnest du unvollständige Daten?

So kannst du sicherstellen, dass du eine solide Basis für deine Datenvisualisierung verwendest bzw. die richtigen Hinweise zur Interpretation mitgeben kannst. Was die Daten hergeben, kannst du durch folgende Schritte herausfinden: Ermittle die Bandbreite mit minimalen und maximalen Werten und identifiziere Ausreisser und Besonderheiten. Versuche, die Daten aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Findest du Auffälligkeiten, kannst du diese kategorisieren und umsortieren. Dies hilft enorm, um Zusammenhänge aufzudecken.

Beispiel: Für MeteoSchweiz hat Zeix die Niederschlagsdaten der Schweiz in einer Datenvisualisierung dargestellt. In der Analyse war es wichtig, den Durchschnittswert und den Maximalwert der Niederschläge herauszufinden. Diese Zahlen haben geholfen, die Achsenskala zu bestimmen. Der Niederschlag in der Schweiz variiert stark, deshalb hat sich das Projektteam entschieden, je nach Tag und Ort die Achsenskalen zu variieren. So haben sie sichergestellt, dass der Niederschlag auch dann nicht übersehen wird, wenn es an einem Ort generell wenig regnet.

Wetterdaten analysieren: Auszug aus den Vorarbeiten zur Datenvisualisierung für MeteoSchweiz.

Eine Datenvisualisierung hilft dir, Informationen zu vermitteln. Erst wenn du die Daten komplett selbst verstehst und Schlüsse aus diesen ziehen kannst, sind diese auch vermittelbar. Wenn du Daten visualisierst, die du selber kaum verstehst, läufst du Gefahr, falsche Visualisierungsarten zu wählen und so komplett andere Aussagen zu treffen als du wolltest.

2. Sich die Zuhörer:innen vorstellen

Mach dir klar, wem du eine Geschichte mithilfe der Daten erzählen willst. Wer wird die Datenvisualisierung anschauen? Wenn die Darstellung für Kinder verständlich sein soll, dann solltest du andere Visualisierungsarten und Elemente verwenden als für Fachpersonen, die mit der Thematik vertraut sind. Zudem ist es wichtig, in welchem Kontext deine Leser:innen die Visualisierung anschauen. Sind die Leser:innen gestresst auf dem Weg zur Arbeit und legen die Grafik direkt beiseite, wenn sie sie nicht sofort verstehen? Oder sind sie motiviert und nehmen sich die Zeit, die Daten genau zu hinterfragen? Je nach Ort und Zeit variiert die Aufmerksamkeitsspanne enorm. 

«Brauche ich heute einen Regenschirm?» Dies ist eine typische Frage, die sich Menschen beim morgendlichen Kaffee stellen. Für die Datenvisualisierung von MeteoSchweiz ist es deshalb wichtig, dass man ohne grosses Vorwissen schnell entscheiden kann, ob man den Regenschirm einpacken sollte.

Typisch für MeteoSchweiz: die Leser:innen rufen die Website beim morgendlichen Kaffee auf.

Um zu entscheiden, wie detailliert die Datenvisualisierung sein soll und welche Darstellungsart sich besonders gut eignet, solltest Du also die Zielgruppe, ihren Kontext und ihre Motivation vor Augen haben.

Einige Inspirationen von Datenvisualisierungstypen inkl. Beispielen findest du beim Dataviz-Project.

3. Eine Geschichte erzählen

Wenn du die Daten und deine Leser:innen eingeordnet hast, kannst du überlegen, welche Geschichte die Daten ihnen erzählen sollen. Was bedeuten diese Daten für das Leben der Leser:innen? Warum geht sie das etwas an? Beachte dabei, dass die Datenvisualisierung alleine noch keine Geschichte erzählt. Als Designerin der Datenvisualisierung führst du den Blick der Leser:innen über Elemente wie Titel, Legende, Achsenbeschriftung und Einbettung in den Kontext deines Artikels / deiner Arbeit. Elemente, die sich visuell unterscheiden (z.B. in ihrer Grösse, Positionierung, Form, Kontrast, Helligkeit oder Animation), wird primär Beachtung geschenkt. Frage dich, wie du die Leser:innen führen möchtest und gestalte und platziere die Elemente entsprechend.

Berücksichtige immer die Publikation als Ganzes, nicht nur die Datenvisualisierung. Also überlege Dir schon in der Geschichte, wie die Person zur Ansicht kommt: Öffnet sie dafür eine App oder poppt eine Mitteilung auf? Sind alle Details sofort sichtbar oder muss man für detaillierte Informationen zu einer anderen Ansicht? Überlege Dir schon beim Skizzieren wie die Leser:innen geführt werden. In der Skizze unten sieht man ausser der Datenvisualisierung selbst (links im Bild) auch die Abfolge, Darstellung und Grösse aller weiteren Elemente wie Text, Navigation, etc. (rechts im Bild).

Frühe Skizzen helfen, mit wenig Aufwand Darstellungsvarianten zu finden und die Einbettung in den Kontext zu plausibilisieren.

Tipp: Erzähle die Geschichte einem Kollegen. Seine Rückfragen und ihre eigenen Worte zeigen dir, ob die Geschichte funktioniert.

4. Die Verständlichkeit testen

Der am meisten vernachlässigte Punkt ist das Testen der Visualisierung mit den Nutzer:innen. 

Auch eine Datenvisualisierung kann einem Usability-Test unterzogen werden. In Usability-Tests wird die Bedienbarkeit eines Produkts, einer Software, einer Darstellung oder Anleitung mit potenziellen Nutzer:innen geprüft. Schon mit 6-8 Testpersonen kann man die grundlegenden Usability-Probleme aufdecken. Auch hierfür ist es wieder wichtig, die Zielgruppe zu kennen, damit man geeignete Testpersonen rekrutieren kann, die die Vielfalt der Nutzer:innen wiedergeben. Wenn es einmal schnell gehen muss, kann es auch hilfreich sein, eine Datenvisualisierung einer Kollegin zu zeigen und Feedback einzuholen. Das kann schon ein Gefühl dafür geben, wie Leser:innen die Grafik interpretieren und hilft Hypothesen für einen Usability-Test zu bilden.

Du fragst dich vielleicht, warum du eine Visualisierung testen solltest? – Die schönste Grafik bringt nichts, wenn sie falsch oder gar nicht verstanden wird oder wenn sie mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet. Hinzu kommt, dass Usability-Tests Antworten liefern auf Fragen, die bei der Erstellung der Grafik auftauchen. Beispielsweise, welche Farbe besser passt oder ob der Leser die Visualisierung auch ohne Legende versteht.

Mithilfe von Tests bzw. beim Diskutieren der Grafik mit Kolleg:innen oder Familie findest du heraus, wie Nutzer:innen die Grafik lesen, welche Schlüsse sie daraus ziehen und allenfalls wie sie eine interaktive Grafik bedienen. Durch diese Erkenntnisse vermeidest du Missverständnisse. 

In den Usability-Tests für MeteoSchweiz stellte sich z.B. heraus, dass die Nutzer:innen nicht nur Wetterprognosen von Orten nachschauen möchten, sondern auch die Prognosen zu Bergen – klar, wenn ein Wochenendausflug Ziel des Users ist. Ausserdem waren die User im Test verwirrt, dass die Skalen für die Tage und die Uhrzeit nicht direkt an einem Ort zusammen dargestellt werden. Durch das Feedback konnte das Projektteam diese und weitere Punkte auf der Webseite wie auch in den Datenvisualisierungen anpassen.

Feedback aus Usability-Tests für die MeteoSchweiz-Website.

Der Teufel liegt dabei im Detail: Skalen, Microtexte, Legenden, Interaktionselemente beeinflussen die Verständlichkeit teils massiv. Ausserdem sind Quellenangaben sehr wichtig, da sie Vertrauen bei den Nutzer:innen schaffen. Teste die Darstellung auch technisch auf verschiedenen Geräten, da gerade bei Datenvisualisierungen wichtig ist, dass alles immer gut lesbar ist, auch auf kleinen Displays.

Einfach, aber sehr wichtig ...

Datenvisualisierungen erlauben, komplexe Inhalte unterhaltsam zu verpacken. Allerdings funktioniert das nur, wenn du dich nicht nur auf vorgegebene Diagramme aus Excel und Co. verlässt, sondern deine gewünschte Aussage bewusst visualisiert. Darunter sollte der Wahrheitsgehalt der Daten nicht leiden – vielmehr schaffst du über Hervorhebungen Akzente in den Daten, die deinen Leser:innen das Verständnis erleichtern. Ob dir das gelungen ist, merkst du nur, wenn du potenzielle Leser:innen einbeziehst und ihr Feedback einfliessen lässt. 

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