In 60 Jahren sind die 11- bis 14-Jährigen von heute Grosseltern. Wie werden ihre Enkelkinder wohl zu Bildung kommen, wie könnte Schule dann stattfinden? Anlässlich des Nationalen Zukunftstags im November haben wir 29 Kinder zum Usability Day in Glattbrugg eingeladen und sie Schulen der Zukunft entwerfen lassen. Dabei spielt unsere heutige Arbeitswelt eine beachtliche Rolle für ihre Vorstellungen.
Future Design mit den zukünftigen Erwachsenen – ein passendes Thema zum Zukunftstag. Wie jedes Jahr haben wir den World Usability Day und den Zukunftstag verknüpft. Zum zweiten Mal haben wir uns an der «Kinderkonferenz» von UX Schweiz für angehende User Experience Spezialist:innen beteiligt. Die Kids verbrachten die erste Stunde des Tages mit uns Zeixies, um die Schule für das Jahr 2080 zu entwerfen. Die Kids haben sich Gedanken darüber gemacht, wo, wie und was man lernt. Die folgenden Schulen könnte es in 60 Jahren geben. So unterschiedlich sie auf den ersten Blick scheinen mögen, sie haben viel gemeinsam.
Crazy und öko ins Metaverse
In die «Crazy-Eco-Modern Freizeitsportschule» geht Kind nur vier Tage pro Woche hin – in einem virtuellen Klassenzimmer mit einer VR-Brille. Die Schüler:innen schreiben auf Smartphones oder Tablets, damit sie weniger Papier verbrauchen und so weniger Bäume gefällt werden. Kunst, Sport und sonstige kreative und handwerkliche Fächer gibt es mehr. Schüler:innen bilden verschiedene Gruppen nach Interessen, um über diese Themen mehr zu lernen.
Mehr Freiheiten und Lohn für Mühsames
In der «Electronic School» ist Gaming ein Hauptfach. Prüfungen gibt es nur noch in Kahoot-Form. E-Sport ist ein Fach. Aber auch physisch läuft viel: G-Kart, Boxen und Autofahren sind Teil des Lehrplanes. Die Kinder besuchen die Fächer, die sie für ihr späteres Berufsleben interessieren.
In dieser Schule ist für die Kids klar, dass es mehr Freiheiten gibt. Die Klassen werden selbst zusammengestellt, Hausaufgaben gibt es keine mehr und man muss die Hand nicht mehr aufstrecken, wenn man etwas sagen will. Ein Kind wünscht sich Lampen auf dem Tisch, die die Kinder anzünden können, wenn sie signalisieren wollen, dass sie eine Frage haben. Wer in die Schule geht, wird auch bezahlt, vor allem für den Mathematik-Unterricht. Der hat mit Abstand die höchste Franken/Stunde-Rate.
Traumschule für mehr Life Skills
In der «Traumschule» gibt es keine Lehrer:innen, wie wir es heute kennen. Stattdessen gibt es Coaches, die die Kinder bei Fragen und Problemen unterstützen. Die Schüler:innen lernen viel fürs Leben: Wie man mit Geld umgeht und investiert, wie man eine Firma gründet, wie man Bücher illustriert und wie man mit Tieren und Pflanzen umgeht. Gelernt wird nicht zwingend im Schulhaus, sondern im Wald oder von zuhause aus im Internet. Ein Kind konzipiert, dass die Schulzimmer in Baumhäusern sind.
Kinder können sich für Clubs – wie Basketball oder Fussball – einschreiben und den Dingen nachgehen, die sie besonders interessieren. Schulrucksäcke – in Züridütsch «Theks» gibt es immer noch – aber sie werden von Robotern getragen.
Avatare auf dem Vormarsch
Für die «Hologrammschule» haben die Kinder intensiv darüber diskutiert, ob die Lehrer:innen zukünftig Roboter sind. Sie wurden sich nicht ganz einig – ein Hologramm einer Lehrperson könnte es ja auch sein. Im Schulzimmer der Zukunft gibt es etwas aber bestimmt als Roboter: einen Arzt/eine Ärztin. Sie sind rund um die Uhr anwesend, falls es mal jemandem nicht mehr gut geht.
Es ist den Kindern auch zukünftig wichtig, ein Klassenzimmer zu haben. Sie haben aber zusätzlich alle eigene Räume, in denen sie arbeiten und lernen können. Wie die Erwachsenen im Arbeitsalltag wollen auch sie selbst bestimmen, ob sie von zuhause oder vor Ort teilnehmen. Wer zuhause ist, wird per Hologramm zugeschaltet. Oder teleportiert sich ganz einfach von einem Ort zum anderen.
Mit den möglichen Zukünften arbeiteten die Kinder im Verlauf des Tages weiter und entwickelten passende Gebäude oder Gegenstände für ihre Welten.
Was wir von den Kids gelernt haben
Die Schule nähert sich der Arbeitswelt
In den konzipierten Schulen fiel uns auf, dass die Kids diverse Parallelen zur Arbeitswelt ziehen. Von der Entlöhnung bis hin zum Homeoffice. Vermutlich waren sie dabei inspiriert von ihrem Umfeld – von den Eltern oder sonstigen erwachsenen Bezugspersonen.
Die Kids haben hinterfragt, wieso Dinge, die für uns Erwachsene selbstverständlich sind, nicht auch für sie gelten. Gute Frage.
Selbstbestimmung steht hoch im Kurs
Zwei Grundsätze ziehen sich wie ein roter Faden durch alle vier Schulen. Die Schulen im Jahr 2080 sind individueller und autonomer. Kinder können ihren Interessen nachgehen. Das bedeutet für die Gruppe in diesem Jahr lange nicht nur gamen und «Freunde treffen». Die Kids orientierten sich vielmehr daran, was sie später einmal arbeiten möchten, was sie erleben wollen und welche Werte sie vertreten. Sie wollten sich durchaus auf die Zukunft vorbereiten, sich ausprobieren und lernen. Ortsunabhängig sollte es sein und es dürfte auch noch teilweise Frontalunterricht stattfinden. Sie wollten aber generell unabhängig lernen und in eigenem Tempo mit Lehrpersonen, die sie bei Bedarf unterstützen.
Früh übt sich
Die Methode «Future Design» will gelernt sein. Sich von heutigen Realitäten zu lösen, ist einfacher gesagt, als getan. Da ging es den Kids nicht anders als den Erwachsenen, die wir beim Konzipieren ferner Zukünfte begleiten. Die Kinder betonten zwar, es würde keine Prüfungen mehr geben. Trotzdem entwickelten sie teilweise andere Bewertungssysteme, die genauso auf Skalen beruhen, wie das heute der Fall ist. Denn ein Bedürfnis nach Feedback zu Schulleistungen bleibt. Zum Raum der Schule gab es wenig Überraschendes – ein Schulzimmer haben zum Beispiel alle Klassen noch, auch wenn der Besuch davon optional ist.
Mehr als ein Jöö
Wir hatten viel Freude als Workshop-Leiter:innen daran, wie 29 Kids, die sich vorher noch nicht kannten, in so kurzer Zeit zusammen Zukunftsbilder entwickelten. Sie sind diejenigen Menschen, die mit vielen Entscheidungen, die wir heute treffen, noch lange leben werden müssen. Darum ist es wichtig, sie in unsere Entscheidungen einzubeziehen. Nicht zuletzt ist das Design einer künftigen Welt selbst eine Fähigkeit, die auch Kinder trainieren müssen wie einen Muskel. Deshalb werden wir uns auch 2023 wieder gerne an einer Kinder-Konferenz für künftige UX Designer:innen beteiligen.
Serious Play für Kinder
Nach dem Future Design Workshop von Zeix haben die Kinder im Lego Serious Play Prototypen ihrer Schulen der Zukunft gebaut und weitere Methoden und Technologien ausprobieren dürfen.
Eine Zusammenfassung des WUD4 Kids von Alwin Seiverth beim Auftritt der Kids im Konferenzplenum gibt es als Video bei UX Schweiz.
Zum WUD4Kids
Seit 2021 gibt es einen Kids Track beim World Usability Day in Zürich. Hier lernt der User Experience Branchennachwuchs die menschen- bzw. planetenzentrierte Denkweise und übt sich in Visualisierungstechniken. Ausserdem erhalten die Kids spannende Einblicke in neue Technologien und wie diese zu benutzerfreundlichen Produkten und Services beitragen.
Bericht über den ganzen, vielfältigen Zukunftstag 2022 mit «Generation UX» auf worldusabilityday.ch
Video-Playlist vom Usability Day 2022 (mit Gross und Klein) in Zürich
Das war der Workshop mit Zeix am Zukunftstag 2021: Kinder zeichnen Zukünfte
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