User scannen Inhalte, statt sie zu lesen – lange, irrelevante Texte schrecken ab. Willkommens-Blabla und überflüssiger Small Talk müssen weg, zugunsten klarer, prägnanter Botschaften, die den User effizient zum Ziel führen.

User lesen Webseiten nicht, sie überfliegen sie. Geschwätz schreckt sie dabei nur ab. Also warum steht immer noch überall so viel unnötiger Text?

  • Bud Fox: «Mr. Gekko, thank you for the chance, you will not regret this. You’re with a winner.»
  • Gordon Gekko: «Save the cheap salesman stuff, will you? It’s obvious.»
  • Bud Fox: «Excuse me, Sir?»
  • Gordon Gekko: «You heard me.»

Dieser Dialog könnte sich auch zwischen einer Website und einem Surfer abspielen.
Gerade angekommen, wird der Surfer begrüsst: «Sie werden es nicht bereuen, dass Sie hierher gekommen sind. Sie sind auf einer Gewinner-Seite!»
Doch macht dies wirklich einen positiven Eindruck? Oder hat es eher den Beigeschmack der ersten Seite der Gebrauchsanleitung: «Zunächst gratulieren wir Ihnen zu Ihrer neuen Kaffeemaschine. Sie haben ein exzellentes Produkt erworben, dass Ihnen jahrelang viel Freude machen wird.» Dieser frühere Standard ist heute aus der Mode gekommen – ohne Zweifel weil man gemerkt hat, dass er etwas billig anmutet. Diese Lektion haben viele Websites noch nicht gelernt – dabei ist das Wort «Willkommen» zu Beginn eines Absatzes eine der beiden sicheren Methoden, Surfer vom Lesen des ganzen Absatzes abzuhalten. Die andere ist, Sätze mit «Wir freuen uns» zu beginnen.

«Happytalk must die»

Was passiert also mit dem Fünfzeiler, dass sich «die Redaktion freut, auch wenn es lange Nächte und viel Schweiss gekostet hat, durch einen Effort des gesamten Teams jetzt endlich in der Lage zu sein, den geschätzten Leserinnen und Lesern ein umfassendes, im Volltext durchsuchbares Archiv aller Artikel seit 1998 gratis anzubieten»? Er wird von den meisten Surfern übersprungen, ohne dass sie auch nur ein einziges Wort vom Inhalt wahrnehmen.
Es ist seit Jahren bekannt und bestätigt sich in jedem Usability-Test wieder: User lesen den Text auf Webseiten nicht, sondern überfliegen ihn, scannen ihn nach relevanten Elementen. Je mehr irrelevanten Text sie dabei zu lesen bekommen, der sie nicht ihrem Ziel näher bringt, desto nervöser zuckt ihr Mausfinger in Richtung des «Zurück»-Buttons. Der Usability-Experte Steve Krug formuliert daher klar: «Happy talk must die.» Eine adäquate Übersetzung könnte lauten: «Willkommens-Blablabla muss weg.»
Denn nur Texte, die so kurz sind, dass man sie schlicht nicht überlesen kann, werden ganz sicher gelesen. Wer auch nur aus den Augenwinkeln den Text «Archiv: Alle Artikel seit 1998» sieht, weiss unweigerlich, worum es hier geht. Small Talk zum Auftakt ist aber nicht nur ärgerlich für den User, sondern er verstellt auch den Blick auf wichtige Inhalte. Ein Portal begrüsst seine neuen Mitglieder nach geglückter Registration wie folgt:
«Herzlich willkommen und besten Dank für Ihren Antrag zur Mitgliedschaft. Wir werden Ihre Anmeldung überprüfen und Ihnen in den nächsten Tagen Ihren persönlichen Identifikations-Code per Post zustellen oder Sie persönlich kontaktieren. Den Code geben Sie nach Erhalt am besten unverzüglich ein und Sie erhalten als identifiziertes Mitglied uneingeschränkten Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen auf unserem einmaligen Portal. Viel Vergnügen.»
Der Text dürfte selten komplett gelesen werden, zumal nach dem Ende der Registration die Aufmerksamkeit des Users ohnehin sinkt. Besser wäre: «Sie haben sich erfolgreich registriert. In den nächsten Tagen erhalten Sie per Brief einen code, den Sie hier eingeben, um die Registration abzuschliessen.»

Höflichkeit muss nicht leiden

Ob der User kurz vor dem Weitersurfen noch wahrnimmt, dass er einen Brief bekommen wird, macht durchaus einen Unterschied: Erstens weiss er, dass die Registration noch nihct ganz abgeschlossen ist, d.h. dass er vermutlich noch nicht auf alle Funktionen zugreifen kann. Wenn er etwas vermisst, wird er also nicht die Hotline des Betreibers anrufen oder sich frustriert abwenden. Zweitens wird er sich hoffentlich erinnern, wenn er den Brief sieht: «Ah, darin steht der Code.» Er wird ihn nicht als Wrebung ansehen, sondern ihn aufmerksam lesen und vielleicht den Code tatsächlich sofort eingeben.
Wohlverstanden: Die Höflichkeit muss nciht auf der Strecke bleiben. «Danke für Ihre Bestellung» ist erlaubt – aber das ist ja auch schnell gesagt und gelesen. Und wenn Sie unbedingt schreiben wollen, warum es so gut war, dass der Kunde bei genau Ihnen bestellt hat, verlinken Sie auf eine Unterseite des Inhalts: «Warum wir Ihnen so dankbar für Ihre Bestellung sind» – und entscheiden später anhand der Zugriffe, ob Sie diese Seite tatsächlich brauchen.

Besser und kürzer -einige Textvorschläge

Originaltext

Die Post: Wir möchten Ihnen einen sicheren, einfach zu bedienenden Internet-Dienst mit persönlich zugeschnittenen Inhalten, Produkten und Dienstleistungen anbieten. Dazu brauchen wir Ihre Anmeldung. Bitte ergänzen sie die folgenden Eingabefelder.

Gegenvorschlag

(Jeder Mensch weiss, dass es Dienstleistungen gibt, für die man sich zuerst anmelden muss, nicht nur im Internet und sowieso im Finanzbereich.)

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Bol.ch: Ihr Warenkorb
Wenn sie die angezeigten Produkte jetzt bestellen möchten, klicken Sie bitte auf «Verschlüsselte Bestellung». Wenn Sie die Bestellmenge noch ändern wollen, tragen Sie bitte die gewünschte Anzahl ein und klicken auf «Neu berechnen». Um weitere Artikel auszusuchen, klicken Sie auf «Nach weiteren Artikeln suchen».

Gegenvorschlag

Um die Bestellmenge eines Artikels zu ändern, tragen Sie die gewünshcte Anzahl ein und klicken sie auf «Neu berechnen».
(Die anderen beiden Anweisungen sind trivial und führen nur dazu, dass der ganze Absatz überlesen wird.)

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Gegenvorschlag

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(«Kostenlos und unverbindlich» ist relevant Was die «Fülle geldwerter Informationen» beinhaltet, sollte dagegen lieber anderswo explizit dargestellt werden.

aus: Netzwoche 02 / 2002

Und wie erhält mein Projekt eine gute User Experience? Mit Zeix.

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