Schreibe gerade im ersten Fenster darüber, wieviel sich in den letzten zehn Jahren im Web verändert hat, wie Kernprozesse aufs Web portiert worden etc. Im zweiten Fenster lese ich, dass die neue Bundesregierung vielleicht schon per 31.12. die Eigenheimzulage abschafft. (Was ich gut finde. Einfach alles weg, anders geht’s eh nicht. Vor allem die Kohlesubventionen.) Im dritten, zunächst virtuellen Fenster denke ich, Moment, ich habe doch einen uralten Bausparvertrag bei der Schwäbisch Hall, der läuft, seit ich 18 bin, vielleicht kriege ich da noch was obendrauf, wenn wir schnell sind? (Nennen die Ökonomen „Mitnahmeeffekt“ — ich kaufe nicht ein Haus, weil ich eine Eigenheimzulage bekomme, aber wenn ich eh gerade eins kaufe und es sie gibt, wieso soll ich sie verfallen lassen?) Und tatsächlich, als ich ein reales Fenster öffne, gibt es bei Schwäbisch Hall eine aktuelle Meldung „Streichung der Eigenheimzulage“ auf der Homepage, sieht ein bisschen reingeflickt aus, aber ist wenigstens nicht zu übersehen, also gut. Wohl dem, der solche Container für „Krisenkommunikation“ vorsieht.
Ich suche also irgendeinen Brief von denen raus, in dem meine Bausparvertragsnummer steht, und schreibe eine Mail. Der Einfachheit halber suche ich mir nicht über die „Beratersuche“ irgendjemanden bei mir zu Hause auf dem Dorf, der dann eh keine Ahnung hat, sondern ich schreibe an die unten auf dem Brief vermerkte Adresse service@schwaebisch-hall.de, irgendwie werden sie es via meiner Nummer wohl zuordnen.
Und tatsächlich, die Antwort kommt schon nach einer halben Stunde (für eine menschliche Antwort wäre das kurz, für eine automatische ist es eher lang):
Dies ist eine automatische Rückantwort. Vielen Dank für Ihre E-Mail.
Aus Sicherheitsgründen versendet die Bausparkasse Schwäbisch Hall personenbezogene und vertrauliche Daten nicht per E-Mail.
Bitte haben Sie Verständnis, dass sich bei diesbezüglichen Anfragen die Bearbeitungszeit verlängern kann. Die Antwort geht Ihnen in diesen Fällen per Post zu.
Unter der Tel.-Nr. (0791) 46-46 46 können Sie die MitarbeiterInnen der Bausparkasse Schwäbisch Hall von Montag bis Freitag zwischen 08:00 – 20:00 Uhr erreichen.
Auf Wunsch rufen Sie, die Experten der Bausparkasse Schwäbisch Hall auch kostenfrei zurück.
Nutzen Sie dafür folgenden Link: https://www.schwaebisch-hall.de/forms/callback.html?nav=w_429_rueckrufservice
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Service-Team der
Bausparkasse Schwäbisch Hall
Meine Antwort, und die ist jetzt nicht künstlich wütender gemacht, weil ich sie hier posten wollte, das habe ich mir erst danach überlegt:
So ein kompletter Blödsinn. Ob der E-Mail-Kanal zu unsicher ist oder nicht, sollte doch eigentlich ich als die Person mit den potenziell schützenswerten Daten entscheiden, oder?
Dann vergessen Sie es. Ich bin nicht in Deutschland; bis ich Ihre Post sehe, ist es Weihnachten, und dann ist es zu spät.
Tja, so ist es halt. Ich denke gar nicht da dran, da jetzt bei einem Call Center anzurufen und mich weiter zu ärgern. Ich wollte den Prozess heute anstossen, weil ich gerade von der aktuellen Nachricht darauf gestossen wurde, dann irgendwann eine mehr oder weniger ergiebige Mail zurück bekommen, das hätte meine „Wiedervorlage“-Erinnerung sein sollen, und dann nächste Woche, wenn ich mehr Zeit habe, entscheiden, ob etwas Weitergehendes zu tun ist.
Jetzt mache ich einfach nichts. Sollen sie ihre Eigenheimzulage halt behalten, der deutsche Bundeshaushalt kann das Geld gut gebrauchen, und überhaupt, Bausparen ist ja eh eigentlich uncool, wie man schon aus der Werbung der Konkurrenz wusste, aber jetzt auch wieder live gesehen hat.
Nach zehn Jahren Web sind zum Glück inzwischen diverse Unternehmen etwas weiter, antworten schnell, schicken prompt PDF-Offerten per E-Mail, sind gleichermassen per Mail wie per Call Center erreichbar, können dabei auch denselben Vorgang unabhängig vom Mitarbeiter weiter bearbeiten (ist durch Einsatz von sog. „EDV“ eigentlich gar nicht so schwer, weil der Vorgang nicht mehr in einem Mäppchen bei einem Sachbearbeiter liegt), und so weiter, und wenn ich dann noch weniger zahle, als wenn ich eine lahme Filialorganisation finanzieren muss, umso besser. Sehr positives Beispiel, das ich vor einem halben Jahr so kennen gelernt habe: Der Direktversicherer Züritel.
Ich jedenfalls werde meine Anbieterwahl in Zukunft klar nach solchen Kriterien ausrichten, und ich glaube nicht, dass das sehr freakig von mir ist. Alles Gute, Schwäbisch Hall.
Kommentare
Peter Hogenkamp
01.12.2005 - 13:15Kleiner Update: Wenn man wie beschrieben an „service@schwaebisch-hall.de“ schreibt (so angegeben in den Unterlagen), kommt die Autoresponder-Antwort von „Service-Team@schwaebisch-hall.de“. Und wenn man dorthin dann wieder antwortet, kommt das hier zurück: Postmaster@schwaebisch-hall.de Datum: 01.12.2005 11:08 Betreff: DELIVERY FAILURE: Recipient’s Domino Directory entry does not specify a valid Notes mail file Your message was not delivered to: Service-Team@schwaebisch-hall.de because: Recipient’s Domino Directory entry does not specify a valid Notes mail file
Basil Zurbuchen
02.12.2005 - 8:22Genau! Richtig so! Ich mach grundsätzlich auch alles per Email und verstehe einfach nicht, wieso denn überall telefoniert werden muss. Hoffentlich bessert sich das in den nächsten Jahren.